Wiesbauerspitze/Clara Hütte:
Unterwegs in einer großartigen Landschaft
Im Jahr 2007 beschloss der Gemeinderat von Prägraten am Großvenediger in Osttirol einstimmig, den früheren Mullwitzkogel in „Wiesbauerspitze“ (Abb. 1) umzubenennen. Was damals außerhalb Osttirols für viel Aufregung sorgte – fälschlicherweise war in vielen Medien vom „gekauften Berg“ die Rede – brachte den Vorteil, dass heute im steilen Gelände ein sehr gut angelegter Steig in eine großartige Landschaft oberhalb des obersten Iseltals führt. Um dorthin zu kommen, muss man quasi als Draufgabe zu Beginn und am Ende der Tour den Wasserschaupfad der tosenden Umbalfälle durchwandern.
Ausgangspunkt unseres Wandertipps auf die Wiesbauerspitze ist entweder der gebührenpflichtige Parkplatz in Ströden (1.350 m) am Ende des Virgentals, oder man lässt sich mit einem Taxi oder einer Kutsche bis zu den beiden Almgasthöfen, der Islitzer Alm (1.509 m) oder – über der Iselbrücke – der Pebellalm (1.520 m), fahren. Hier ist aber endgültig Schluss mit der vierrädrigen Unterstützung und ab jetzt wird die lange Wanderung auf jeden Fall zu Fuß fortgesetzt. Es geht nun am Wasserschaupfad Umbalfälle (Nr. 911, Abb. 2) weiter die Isel aufwärts. Ein breiter, bestens ausgebauter Weg mit einigen Schautafeln und Schaubrücken lässt den Wanderer die brausende Kraft des in vielen Kascaden ins Tal rauschenden Wassers hautnah erleben. Nach knapp 30 Minuten erreicht man eine kleine Alm, wo der Wasserschaupfad in die parallel verlaufende, für den öffentlichen Verkehr gesperrte Sandstraße übergeht. Oberhalb einer gesperrten Brücke sollte man auf der rechten Seite auf jeden Fall den feinen Schleierfall und die darüber liegende Wiesbauerspitze (Abb. 3) bewundern. Links neben den oberen Umballfällen, die geradeaus vor uns liegen, führt der nun breite Weg („Lessensteig“) steil, teilweise in Serpentinen, aufwärts. Etwas weiter oben am Weg überrascht ein Schild, das auf den Ausblick auf die Wiesbauerspitze hinweist. Rund 20–25 Minuten von der Alm erreicht man das obere Ende der Umbalfälle und der Weg setzt sich – mit Blick auf das Hohe Kreuz und die Daberspitze im Hintergrund (Abb. 4) – fast eben fort. Nach dem Queren der Isel über eine Brücke geht‘s nun auf der rechten Seite des Flusses wieder etwas aufwärts. Etwa 10 Minuten später kommt man zur Abzweigung (ca. 1.950 m) auf die Wiesbauerspitze.
Hier verlassen wir nach rund 60-75 Minuten, in denen man bereits 450 Hm (Höhenmeter) von der Islitzer Alm und der Pebellalm aufgestiegen ist, den Lessensteig und zweigen rechts bergwärts ab. Zunächst geht es über einen Wiesenpfad noch recht angenehm dahin, doch das ändert sich an der Stelle, wo man sich erstmals dem vom Berg stürzenden Reggenbach nähert. Nun wird das Gelände immer abschüssiger und unser Steig immer steiler. Dieser ist aber speziell in diesem Bereich klug angelegt und umgeht alle sich „in den Weg stellenden“ Felsen. Trotzdem sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unbedingt erforderlich, auch an der einzigen, kurzen, mit einem Seil gesicherten Stelle während des ganzen Aufstiegs. Obwohl das Wiesengelände hier extrem steil ist, ist der weitere Steig breit genug, um sicher und flott aufzusteigen. Dabei helfen auch unzählige Serpentinen. Wunderbar dabei der Blick taleinwärts zur Daberspitze (Abb. 5). Rund 350 Hm über dem Iseltal sieht man bei einer kleinen Almhütte, die links umgangen wird, erstmals seit der Hinweistafel bei den oberen Umbalfällen die Wiesbauerspitze, die nun nordöstlich vor uns liegt. Beim weiteren, bergwärts führenden Aufstieg – bei man zwei Wegweiser passiert – erblickt man oberhalb den felsigen Aufbau der Ogasilspitze (3.032 m).
Nun, auf etwa 2.400 m, folgt ein weiterer sehr schöner Wegteil, der aber wieder Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig erscheinen lässt. Man quert ostwärts – hier nur wenig aufsteigend – die steilen Hänge der Ogasilspitze. Wer hinunter zur Isel blickt, sieht weit unten den breiten Lessensteig und die Alm zwischen den oberen und unteren Umbalfällen. 100 Hm (ca. 2.500 m) weiter oben biegen wir in den kesselartigen Talschluss des grünen „Wiesenberges“ ein, wie unser steiles Aufstiegsgelände auf Plänen bezeichnet wird. Gegenüber der Wiesbauerspitze wendet sich unser Steig nordwärts, führt ganz kurz abwärts und nähert sich dann im linken Teil des Talschlusses einem weiteren Hindernis. Es gilt einen tosenden Bach, der rund 850 Hm weiter unten zum Schleierfall wird, zu überwinden. Auf dem weiteren Weg, der nun wieder ostwärts führt, sind weitere, aber bei weitem harmlosere Wasserläufe zu überqueren. Bei der kleinen, unbewirtschafteten Zopathütte (2.581 m) beginnt nun der finale Aufstieg auf die pyramidenförmige Wiesbauerspitze. In zwei Serpentinen werden in rund 30 Minuten die letzten Höhenmeter bezwungen, bis man das schmale Gipfelplateau (2.767 m) mit einem neu errichteten Kreuz erreicht. Nach 2½–3,0 Stunden (etwas über 800 Hm) vom Einstieg vom oberen Iseltal bzw. 3¾–4 ¼ Stunden (ca. 1.250 Hm) von der Islitzer Alm und der Pebellalm eröffnet sich dem Wanderer ein toller Blick Richtung Norden zu den Gipfeln der Hohen Tauern (Abb. 6), vor allem zur Venedigergruppe (Abb. 7), und zur umgebenden Bergwelt. In unmittelbarer Nachbarschaft ist nordwestlich von uns – nördlich der Ogasilspitze – der felsige Gipfelaufbau des Quirls (3.251 m, Abb. 8) zu bewundern.
Nach einer Rast gilt es den langen Abstiegsweg anzutreten, der aber auf Grund der günstigen Bodenbeschaffenheit – kein Schotter und keine Baumwurzeln – sehr flott zu bezwingen ist. Für die steilen Hänge des Wiesenberges bis zum oberen Iseltal benötigt man rund 1¾–2,0 Stunden und für den weiteren Weg (Nr. 911) talauswärts bis zu den beiden Gastwirtschaften braucht man kaum mehr als 45–60 Minuten. Man kann sich also etwas Zeit lassen und hoch oben das Edelweiß (Abb. 9) und die anderen, vielen unterschiedlichen Wiesenblumen bewundern. Nicht zu überhören und auch zu übersehen sind natürlich auch die Murmeltiere. Vorsicht aber vor Kreuzottern! Im unteren Teil des Abstiegs sollte man sich unbedingt noch länger am Wasserschaupfad (Abb. 10) aufhalten und einen schönen Tag in der Bergwelt Osttirols gemütlich ausklingen lassen. Von der Islitzer Alm (Abb. 11) und der Pebellalm geht es dann wieder zu Fuß (30 Minuten) oder per Kutsche zum Parkplatz in Ströden.
Für diejenigen, die nicht den anstrengenden Steig auf die Wiesbauerspitze aufsteigen wollen, empfehlen wir bei der Abzweigung vom Lessensteig weiter der Isel entlang taleinwärts zu wandern. Etwas abwärts gelangt man in wenigen Minuten zur unbewirtschafteten Ochsnerhütte (1.936 m). Hier endet der Fahrweg und man setzt die Wanderung auf einem gut begehbaren, kaum mehr ansteigenden Steig fort. Nach etwa 5–10 Minuten sieht man erstmals die imposante, vergletscherte Rötspitze (3.496 m, Abb. 12). Auf dem Weg Richtung Clara Hütte (2.038m), die man von der Abzweigung auf die Wiesbauerspitze nach ca. 45 Minuten und ca. 100 Hm erreicht, passiert man den links abgehenden Steig in Richtung Dabertal, Daberlenke und zur Neuen Reichenberger Hütte (sehr empfehlenswerte Wanderung!) und eine etwas engere Wegstelle mit Seil-Sicherung, die aber ohne Probleme zu bewältigen ist. Erst sehr spät erblickt man die Clara Hütte (Abb. 13). Wer noch genug Kondition hat, sollte je nach Lust und Laune – im nun breiteren Talboden – weiter Richtung Talschluss marschieren (ca. 30–45 Minuten, das Steilstück zum Eissee am oberen Talschluss ist eine Kletterstelle nur für Geübte!). Der Blick auf eine wundervolle Wildbach-, Tal- und Almen-Landschaft entlang der Isel mit links (Rötspitze) und rechts (Quirl, 3.251m) steil hinaufragenden Berghängen, durchsetzt von zahlreichen Wasserfällen (Abb. 14), belohnt diese Mühe. Für den Rückweg von der Clara Hütte zur Abzweigung auf die Wiesbauerspitze benötigt man etwa 40 Minuten.
Geogr. Länge/Breite: 12°19'19''/47°00'56''
Rechtswert (UTM): 296480 m (Zone: 33 N)
Hochwert (UTM): 5210375 m (Zone: 33 N)